Beitrag von Rhein-Main Rechtsaußen.

Fast 40 Jahre lang arbeitete Peter Backfisch in Frankfurt am Main bei einem großen Träger der Sozial- und Bildungsarbeit. Nach­dem er 2019 aus dem Berufsleben ausschied, wurde er zu einem Vielschreiber in rechten Blättern bis hinein ins neofaschistische Spektrum. Dort macht er sich zu einem Kronzeugen gegen die NGOs, die in der Entwicklungszusammenarbeit tätig sind. Doch seine Vita ist in weiten Teilen ausgedacht.

Das rassistische Afrikabild

Im Januar 2020 erscheint auf dem Blog der Zeitschrift Sezession, dem Organ des neofaschistischen Instituts für Staatspolitik, ein Artikel mit dem Titel »Marshallplan für Afrika?«. Der Autor Peter Backfisch gibt sich als Insider der Politik der »Entwicklungshilfe« aus. Er schreibt über sich: »Mehr als 20 Jahre war ich selbst als sogenannter Helfer, im Fachjargon auch Consultant in verschiedenen afrikanischen Standorten für eine NGO, einem Träger der Jugend‑, Bildungs- und Sozialarbeit, tätig.« Nun rechnet er mit dieser Politik ab. Die damit befassten NGOs beschuldigt er, nur eigene Interessen zu verfolgen und eine erhebliche Rolle »beim Migrantenimport nach Deutschland« zu spielen.

Kritik an staatlicher Entwicklungszusammenarbeit, früher Entwicklungshilfe genannt, gibt es auch aus antirassistischer Perspektive, so zum Beispiel am oft paternalistischen Gebaren der »Helfenden« und am fehlenden politischen Interesse, eine tatsächliche Unabhängigkeit der Staaten zu schaffen, die doch von Europa abhängige Im- und Exporteure bleiben sollen. Darum geht es Backfisch nicht. Seiner Meinung nach könne ein »Marshall-Plan« für Afrika nicht funktionieren, da dort die Menschen beruflich nicht qualifiziert seien und es an Rechtsstaatlichkeit und funktionierenden Strukturen in Wirtschaft und Verwaltung mangele. Dies könnten keine Voraussetzungen für ein »zweites Wirtschaftswunder« sein. In Europa sei das nach dem Zweiten Weltkrieg anders gewesen: »Die Völker Europas hatten am Ende des Zweiten Weltkrieges den Willen, ihre zerstörten Wirtschaften und kulturellen Ressourcen wiederaufzubauen. Dabei sind sie schnell vorangekommen, mit Fleiß und Einsatzbereitschaft wurden Wohlstandszonen geschaffen.« Diese vergleichende Darstellung kann nur so verstanden werden: Eine Arbeitsgesellschaft nach europäischem Muster ist in Afrika nicht zu machen, denn dazu hätte die Menschen dort nicht den Willen, den Fleiß, die Einsatzbereitschaft und die Fähigkeiten.

Es ist bemerkenswert, ein solch koloniales wie rassistisches Afrikabild bei einer Person wie Peter Backfisch zu finden, der angibt, viele Jahre auf dem afrikanischen Kontinent in der Entwicklungszusammenarbeit tätig gewesen zu sein. Doch seine Angaben stimmen nicht. Kolleg*innen, die über viele Jahre mit ihm zusammengearbeitet haben, wissen von keinem Projekt der Entwicklungszusammenarbeit, bei dem er ernsthaft mitgewirkt hätte. Dazu sei er aufgrund mangelnder Sprach- und Fachkenntnisse auch nicht in der Lage gewesen. Immerhin habe er ab und zu an einer Konferenz teilnehmen dürfen. Offenkundig ist die Schilderung seiner Biographie mehr Wunschdenken als Wahrheit.

Linke als Feindbild

Peter Backfisch wohnt in Pfungstadt bei Darmstadt und ist Diplom-Pädagoge. Er arbeitete knapp 38 Jahre beim Internationalen Bund (IB), mit 14.000 Beschäftigten einer der großen Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit in Deutschland. Die letzten Jahre davon war er in der Frankfurter IB-Zentrale als Vorstandsreferent für Europapolitik tätig. Im IB galt er als gutmütiger und etwas versponnener Linker. Er selbst erzählte, er sei in jungen Jahren Kommunist gewesen. Er war bis 2014 als Generalsekretär des Europäischen Verbands beruflicher Bildungsträger (EVBB) und bis 2019 als Vorsitzender des unter dem damaligen Namen firmierenden Bundesverband Berufsbildungsexport (BV-BBE) tätig, beides Verbände der internationalen Zusammenarbeit in der Berufsbildung, in denen der IB Mitgliedsorganisation ist. Noch 2016 war er Mitverfasser der BV-BBE-Schrift »Die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt erleichtern«, in der unter anderem mehr Sprachkurse und Ausbildungsplätze für Geflüchtete gefordert werden.

Vor seinem Artikel in der Sezession im Januar 2020 fiel Backfisch nicht in der politischen Rechten auf. Zum Zeitpunkt jener Veröffentlichung war er bereits 65 Jahre alt und wenige Monate zuvor beim Internationalen Bund ausgeschieden. Er wäre gerne noch weiter für den IB tätig gewesen, so berichten seine Kolleginnen und Kollegen. Dies blieb ihm jedoch verwehrt.

Im Jahr 2019 hatte er auch sein Vorstandsamt im Frankfurter Kreisverband der proeuropäischen Europa-Union abgegeben und war dort ausgetreten. Auch verließ er nach 49 Mitgliedsjahren die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.Di (früher ÖTV). Er gibt des Weiteren an, von 2012 bis 2019 dem Deutsch-Russischen Rat für die jugendpolitische Zusammenarbeit angehört zu haben, der ein Gremium des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) ist. Dort findet man seinen Namen jedoch nur als Teilnehmer einer Sitzung des Jugendrates im November 2014 im russischen Sotchi, zu der er von einem anderen Verband geschickt worden war.

Autorenporträt von Peter Backfisch im Internet-Magazin Manova. Die Biographie, die er präsentiert, ist mehr Wunschdenken denn Wirklichkeit.

Seit Januar 2020 versorgt Backfisch nun mit seinen Beiträgen ein breites Spektrum rechter Zeitschriften und Blogs. Neben der Sezession sind dies die rechtskonservative Wochenzeitung Junge Freiheit, die christlich-orthodoxe Zeitschrift Crisis, der Blog Gegenstrom – Plattform für rechte Metapolitik, die extrem rechten PI-News, der Blog Opposition24, die wir selbst – Zeitschrift für nationale Identität, das verschwörungsideologische Internetmagazin Manova News sowie Zeitungen und Magazine aus Kreisen der österreichischen Rechtspartei FPÖ (Wochenblick, Attersee Report) und der AfD (Die Freie Welt).

Sein Ton gegen seine ehemaligen Arbeitgeber*innen und Projektpartner*innen wird von Artikel zu Artikel schärfer. Im November 2020 gibt er der Jungen Freiheit (JF) ein Interview, in dem er NGOs und Sozialverbände der Günstlingswirtschaft und Abzocke von Fördermitteln beschuldigt. Er kritisiert, dass Arbeitssuchende und »sozial Schwache« (gemeint sind ökonomisch Benachteiligte) in sogenannte Qualifizierungsmaßnahmen gesteckt würden, bei denen es nicht um die Vermittlung von Wissen, sondern um das Abhaken von Anwesenheitslisten und deren Abrechnung bei Job-Center gehe. Die Job-Center wiederum seien nur darauf aus, Menschen aus der Arbeitslosen-Statistik zu kriegen und in der Politik interessiere es sowieso kaum jemanden, ob prekäre Jugendliche für das Berufsleben qualifiziert würden. Dieser Kritik mag man zustimmen, doch was folgt aus ihr? Man kann sich für eine Politik stark machen, die Menschen nicht mehr nach kapitalistischer Verwertungslogik ein- und aussortiert und die Zugewanderten gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht, anstatt sie als Lückenfüller*innen für unbestimmte Zeit zu dulden. Man kann sich vergegenwärtigen, dass die Chancen, die Menschen in Deutschland haben, stark von ihrer ökonomischen Situation abhängen. Man könnte sich sogar darüber aufregen, dass sich das Vermögen der fünf reichsten Deutschen in den »Krisenjahren« seit 2020 beinahe verdoppelt hat und fordern, Reichtum gerechter zu verteilen. Das alles kommt dem Ex-Linken Peter Backfisch nicht in den Sinn. Stattdessen empört er sich über Zugewanderte, die in den Sprach- und Integrationskursen ungeniert schlafen und daddeln würden und er spielt die Benachteiligten in schäbiger Weise gegeneinander aus. Er schreibt, die Migration überlaste die Sozialsysteme, derweilen die NGOs »Verrat an den sozial schwachen deutschen Jugendlichen« begingen, die als »Klientel nun durch Migranten, Frauen, LGBTQ und ›People of Color‹ ersetzt« würden. Auch sei in der NGO-Branche eine »durchgängig linksideologische Hegemonie« eingezogen, dort müsse mittlerweile gegendert und Fridays for Future unterstützt werden und: »Wer Gender oder Klima ernsthaft anzweifelt oder widerspricht, kriegt Druck.«

Über seine letzten Jahre in den NGOs erzählt er: »Ich galt als streitbar, und als alter Hase hatte ich auch mehr Spielraum als junge Kollegen. Man gewährte mir allerdings wohl vor allem deshalb Narrenfreiheit, weil ich wenige Jahre vor der Rente stand, Motto: Der ist eh bald weg! Dennoch mußte auch ich oft ›die Faust im Sack‹ ballen, wie man sagt.« Auch hier widersprechen ehemalige Kolleg*innen. Es habe mit Peter Backfisch keine nennenswerten Konflikte gegeben. Er sei im IB nicht mit kontroversen Meinungen und schon gar nicht als Kritiker des NGO-Businesses hervorgetreten. Man sei überrascht gewesen über seine Artikel in rechten Medien, habe ihm Gespräche angeboten, auf die er nicht eingegangen sei. Auch in der Europa-Union weiß man nichts von Streits mit Backfisch. Die Legende vom alten »weisen« Mann, der Unbequemes aussprach und den man deshalb aufs Abstellgleis schob, die hat sich Peter Backfisch ganz offensichtlich selbst gestrickt.

Kämpfer für das christliche Abendland

Sein Weg führt Peter Backfisch nun in die orthodoxe Kirche und ins christliche Abendland. Die koloniale und rassistische Ideengeschichte, die in der Fiktion und Begrifflichkeit des Abendlandes steckt, ist für ihn eher inspirierend denn abschreckend. Das Abendland ist für ihn die Projektionsfläche einer heilen Welt, in der »kulturfremde Zugewanderte« (Backfisch in Manova News im April 2023) ihren unchristlichen Glauben für sich behalten und sich voller Bescheidenheit dem Arbeitsmarkt andienen. Im September 2023 fragt er sich in einem Artikel in der JF, ob »das Abendland verloren« und »der Westen unwiederbringlich dem Untergang geweiht« sei. Er beklagt, dass sich das »westliche Abendland« in der »Refutschies-Crisis 2015« widerstandslos »einer Invasion zivilisationsferner, kulturfremder Invasoren« ergeben habe, die die »abendländisch-christliche Kultur« ablehnen würden. Schuld daran seien wieder einmal die »Ideologie der Political Correctness« und die »manipulativen Propagandamethoden der herrschenden Eliten«. Er schreibt: »die Invasoren kommen nicht mehr mit Truppen, sondern mit Unterwerfungsforderungen, ausgeheckt von einer ›Gutmenschen-Elite‹ in Brüssel« – spätestens hier docken seine Aussage sprachlich und inhaltlich an den extrem rechten Verschwörungsmythos vom »Großen Austausch« an.

Ein weiteres Medium, in dem Peter Backfisch publiziert, ist die Zeitschrift Crisis – Journal für christliche Kultur, ein seit Juni 2022 erscheinendes erzreaktionäres Blatt, das gegen einen angeblichen »Great Reset«, »Transhumanismus«, »Globalismus«, »Ökologismus« und Pornographie zu Felde zieht. Der Ausgabe Nr. 3 (Winter 2022/2023) steuert Backfisch den Artikel »Jugend in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche« bei, den der Frankfurter Werner Olles in der rechten Zeitschrift wir selbst wohlwollend rezensiert. Olles schreibt: »Der Autor [Backfisch] plädiert für einen Blick auf die Orthodoxe Kirche als Wegweiser der Orientierung in einer gottlosen Welt, für die Stärkung familiärer Bindungen und fester Prinzipien, um sich den Lügen und Manipulationen des Mainstreams widersetzen zu können.« Materialismus, Konsumismus, Hedonismus und Entchristlichung würden den Menschen, so meint Backfisch, geistlos und gleichgültig machen.

Die ersten Grundlagen der »heutigen Welt des ›Genderwahns‹ und der verbreitenden Familienfeindlichkeit« sieht der ehemalige Kommunist Backfisch im Übrigen in den Schriften von Friedrich Engels und dessen Kritik der Kleinfamilie (Peter Backfisch in Attersee Report, Nr. 27 von Februar 2021).

Experte für Klimafragen, Pandemien und Impfungen

Im November 2021 meldet sich Peter Backfisch anlässlich der in Glasgow stattfindenden Weltklimakonferenz zu Wort, dieses Mal als vermeintlicher Klimaexperte. Sein Medium ist der (im Jahr 2022 eingestellte) FPÖ-nahe Wochenblick, der rechte Verschwörungsmythen verbreitete und vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes als »Desinformationsprojekt am rechten Rand« bezeichnet wird.

In seinem Artikel »Das Märchen der bald ›unbewohnbaren Welt‹: COP26 in Glasgow – statt Rettung der Welt, weiter in die Öko-Diktatur« wirft Backfisch der Politik, Kirchen und »Klimakindern« vor, mit ihren Warnungen vor dem Klimawandel einen großen Schwindel zu betreiben. Er selbst weiß Beruhigendes zu berichten, denn es kehre sich ein für die Klimaerwärmung verantwortlicher Faktor gerade um. Er schreibt: »Die Sonne hat in ihren für den Wärmehaushalt verantwortlichen Zyklen, 2020 Ihr Optimum erreicht, in den kommenden Jahren wird es deshalb erheblich kälter werden. Schon 2021 gibt es hierfür erste Anzeichen.« [sic!] Tatsächlich waren 2022 und 2018 mit einer Jahresmitteltemperatur von 10,5 °C die bis dato wärmsten Jahre in Deutschland seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen im Jahr 1881. 2023 war es mit einem Jahresmittelwert von 10,6 °C noch wärmer.

Nachdem in dem Artikel die Klimalüge entlarvt scheint, folgen die Gedankensprünge, die in der rechten Verschwörungsszene eingespielt sind. Um den (doch nur erfundenen) Klimawandel aufzuhalten, müsse logischerweise die Weltbevölkerung reduziert werden und dazu brauche es logischerweise einen globalen Masterplan. Backfisch meint: »Angefangen beim Club of Rome über den Medien Mogul Ted Turner bis Bill Gates und Klaus Schwab werden derartige Planspiele immer weitergetrieben. […] Im aktuell diskutierten Great Reset werden gar Schritte vorgeschlagen wie man dabei vorankommen kann. Die Corona-Pandemie, mit ihren weltweiten Impfkampagnen, fügt sich passgenau in die Agende der Eliten ein.« Als vermeintlichen Beleg für diese finsteren Machenschaften führt er einen Satz an, den er Bill Gates zuschreibt: »Wenn wir sehr erfolgreich mit den Impfstoffen sind, können wir den Bevölkerungsanstieg um 10-15% senken«. Abgesehen davon, dass eine Verringerung des Anstiegs der Weltbevölkerung keineswegs zu deren Reduzierung führen würde, liefert Backfisch ein Beispiel dafür, wie in dieser Szene Zitate aus dem Zusammenhang gerissen und böswillig umgedeutet werden. Tatsächlich hatte Bill Gates im Jahr 2010 vor einem ungebremsten Anstieg der Weltbevölkerung gewarnt und darauf verwiesen, dass bessere Gesundheitsfürsorge zu einer Senkung der Geburtenrate führe: »The world today has 6.8 billion people. That’s headed up to about nine billion. Now, if we do a really great job on new vaccines, health care, reproductive health services, we could lower that by, perhaps, 10 or 15 percent. But there, we see an increase of about 1.3.«. Übersetzt: »Heute leben auf der Welt 6,8 Milliarden Menschen. Es wird auf etwa neun Milliarden ansteigen. Wenn wir mit neuen Impfstoffen, Gesundheitsversorgung und Reproduktionsmedizin gute Arbeit leisten, könnten wir das vielleicht um 10 bis 15 Prozent senken, aber zur Zeit sehen wir einen Anstieg um 1,3 [Milliarden].«.

Das Profil von Peter Backfisch auf X (ehemals Twitter) zeigt ihn bei einem Corona-Protest.

Backfisch selbst beteiligt sich an den Protesten gegen die Corona-Maßnahmen. Auf Twitter und im Blog der neofaschistischen Organisation Ein Prozent gibt er sich im Frühjahr 2020 als Teilnehmer von Kundgebungen des Querdenken-Netzwerks zu erkennen. In einem Kommentar vom 2. August 2020 im rechten Blog denken erwünscht verteidigt er, dass auf diesen Kundgebungen bewusst gegen die Maskenpflicht verstoßen wird. Er schreibt: »Eine Maske ist kein Mundschutz weder für andere noch für sich selbst!!! Demonstrationen gegen die Corona Restrictionen mit Masken könnt ihr gerne durchführen, dies aber dann ohne mich. Hier spricht einer der Erstorganisatoren von Querdenken 711 in Stuttgart. Schon im April haben wir das ohne Masken gemacht und das war damals schon ein großartiger Erfolg.« Ob Backfisch tatsächlich an der Organisation der ersten großen Querdenken-Auftritte beteiligt war, oder ob dies eine seiner zahlreichen Legenden ist, sei dahin gestellt.

Wo Orbán als Hoffnungsträger und Putin als Zauderer gilt

Das Magazin wir selbst – Zeitschrift für nationale Identität existiert mit Unterbrechungen seit 1979, seit 2020 jedoch meist im digitalen Format. Es ist seit seiner Gründung Sprachrohr einer politischen Strömung innerhalb der extremen Rechten, die sich als »nationalrevolutionär« versteht. Laut eigenem Selbstverständnis ist das Projekt der »Grundeinsicht verpflichtet, dass Völker […] geschichtlich gewachsene Sprach-, Kultur- und Abstammungsgemeinschaften« seien. So definiert sich völkische Ideologie.

Im Jahr 2022 schreibt Peter Backfisch für die wir selbst drei Artikel. Dort feiert er im April 2022 den Sieg der Fidesz-Partei des Viktor Orbán bei den ungarischen Parlamentswahlen. In seinem Artikel »Nach der Wahl Viktor Orbáns in Ungarn: Der unsinkbare Orbán« überzieht er die Opposition mit Häme: »Er hat mit diesem großartigen Wahlergebnis eine vierte Amtszeit [tatsächlich ist es Orbáns fünfte Amtszeit, d.A.] mit großer parlamentarischer Mehrheit erreicht und bewiesen, dass mit nationalkonservativen Themen in einem westlichen Land durchaus Wahlen gewonnen werden können. Dies ist unbedingt positiv zu bewerten, weil wochenlange Propaganda der EU sowie auch die der US-Institutionen und der Einsatz des US-ungarischen Milliardärs George Soros und seiner von ihm finanzierten NGOs mit aller Macht einen umfassenden Wechsel herbeiführen wollten.« Der antisemitisch aufgeladene Verschwörungsmythos zu George Soros ist in Ungarn Staatsräson, hier wurde das Feindbild Soros im Jahre 2015 in einer Wahlkampf-Kampagne der Fidesz-Partei quasi erfunden. Gleich mehrfach hackt Backfisch in seinem Artikel auf Soros herum. Er schmäht ihn als »Sugardaddy der kulturellen Linken« und macht ihn als Drahtzieher einer »Anti-Orbán-Front« aus, in der »die großen Konzerne, LGBT-Aktivisten [und] fast die gesamten westlichen Medien« vereint seien.

Ende Februar 2023 erscheint im Magazin Manova-News der Artikel »Auf schmalem Grat«. Er handelt vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Der Autor Peter Backfisch streitet nicht ab, dass der Angriff im Februar 2022 durch Russland erfolgte, doch er findet den Hauptgrund für die Eskalation in der Politik der NATO. Der Bundesregierung wirft er vor, sie sei in ihrer Politik von einem blindwütigen Hass gegen Russland getrieben und spiele die »Rolle eines Vasallen der USA«.

Am 6. September 2023 meldet sich Backfisch erneut zum Thema Ukraine-Russland zu Wort, dieses Mal im rechtspopulistischen Blog Opposition24, der mittlerweile zu seinem Hauptmedium geworden ist. Gemeinsam mit Werner Olles veröffentlicht er einen Artikel, in dem die beiden Wladimir Putin als einen »Zögerer und Zauderer« schelten, der mit der »Spezialoperation« in der Ukraine zu spät gehandelt habe. Ihrer Meinung nach hätte Putin »bereits während des vom kollektiven Westen finanzierten und inszenierten Maidan-Putsches […] und der gewaltsamen Verjagung des rechtmäßig gewählten rußlandfreundlichen Präsidenten Janukowitsch samt der Machtergreifung einer US- und Nato-hörigen Clique von korrupten Kollaborateuren in Kiew, eingreifen und die Putschisten eliminieren müssen.«

In dem Artikel geht es den Autoren nicht nur darum, dem Westen einseitig die Schuld für den Krieg zuzuweisen, sondern auch, gegen jene Rechte zu wettern, die sich nicht voller Eifer auf die russische Seite schlagen. Geradezu erbost sind sie über das rechte Magazin Tumult, in dem Backfisch in der Vergangenheit selbst geschrieben hat. Indem Tumult die Ukraine als einen demokratischen Staat ansehe und ihr ein Selbstbestimmungsrecht zugestehe, habe das Blatt »eine selbstgewählte Unterwerfung unter die herrschende Kriegsrhetorik der unerträglichen NATO-Propaganda vollzogen«. Die größte Enttäuschung ist für sie jedoch die Unterstützung der Ukraine durch die italienische Ministerpräsidentin. So schreiben Backfisch und Olles von der »italienischen Postfaschistin Giorgia Meloni mit ihrer Kniefallpolitik vor dem US-Hegemon«.

Co-Autor Werner Olles

Vieles von dem, was Olles und Backfisch in diesem Artikel in der wir selbst präsentieren, ist nur grob zu erfassen. Denn die beiden halten sich nicht nur für Universalgelehrte, sondern auch für große Literaten. Vor allem Backfisch geht es primär darum, die Lesenden mit selbstgefälligem Sprachgeschwurbel zu beeindrucken. Der Artikel in Opposition24 vom 6. September 2023 beginnt vergleichsweise harmlos und noch irgendwie verständlich mit dem Satz: »Die wuchernde Ausbreitung von Suggestivbegriffen indiziert vielleicht am deutlichsten, wie sehr die totale Fixierung auf die politisch-korrekte Form, die in der Katastrophe weniger ihr Ende als ihre Vollendung findet, aus der Sprache, dem zentralen Medium der Aneignung und Verständlichmachung von politischer, kultureller, sozialer und ökonomischer Wirklichkeit ein Mittel der Erkenntnisvermeidung gemacht hat.« Es folgen noch grausamere Schachtelsätze mit eigentümlichen Wortkreationen, die die Autoren offensichtlich für Sprachkunst halten. Ob sie selbst noch durchdringen, was sie da schreiben, kann in Frage gestellt werden.

Der Frankfurter Werner Olles publiziert seit nunmehr 40 Jahren in Blättern des rechtskonservativen bis neofaschistischen Spektrums, so z.B. in der Jungen Freiheit und in der Sezession des Instituts für Staatspolitik. In wir selbst ist er Stammautor. Im extrem rechten Lindenbaum Verlag gab er mehrere Bücher heraus, in denen er unter anderem mit der politischen Linken abrechnet.

Denn auch Olles ist ein Renegat. Die wir selbst skizziert seine Geschichte anlässlich seines 80. Geburtstag im Jahr 2022: »1968 Eintritt in den SDS, nach dessen Auflösung Mitglied der ›Roten Panther‹, einer Vorfeld-Organisation der terroristischen ›Revolutionären Zellen‹, 1969 Libanonaufenthalt mit einer SDS-Delegation in einem Ausbildungslager der Fatah und anschließende Flucht mit Hilfe christlicher Falange-Milizen zurück in die Bundesrepublik, 1972 Bruch mit der radikalen Linken und von 1973 bis 1977 Mitglied der SPD.« Spätestens 1982 kam Olles in der extremen Rechten an. Wie auch Horst Mahler, der Berliner Bernd Rabehl, der Tumult-Herausgeber Frank Böckelmann und der 2022 verstorbene Frankfurter Günter Maschke (mit dem Olles eng verbunden war) dient er der Rechten seither als Kronzeuge gegen die »68er«. Diesen und anderen Linken wirft Olles totalitäres Denken vor, Feminismus nennt er eine »bierernste totalitäre Ideologie« (Junge Freiheit, 1998). Im Herbst 2022 erschien sein Buch »Widerstand oder Innere Emigration?«. Er prognostiziert darin, dass »Liberalismus, Kapitalismus und Globalismus […] unser Land in den Abgrund« führen würden. Und er beklagt die »Verfallserscheinungen unserer Zeit«, die er am »Gender-Wahnsinn«, der »Dekadenz der links-grünen Ideologen« und den »Lügen und Manipulationen durch die alles beherrschenden Medien« festmacht.

2016 kandidierten Werner Olles und seine Lebenspartnerin Helena Ditze bei der Stadtverordnetenwahl für die rechtspopulistischen Bürger für Frankfurt. 2021 traten beide für die AfD an: Er bei der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung und beide zur Wahl zum Ortsbeirat 10 (Frankfurt Nord-Ost). Mandate erlangten sie nicht.

In der extremen Rechten angekommen

Nicht nur in der Zusammenarbeit mit Werner Olles lässt sich die Nähe von Peter Backfisch zum Milieu der AfD erkennen. Am 21. Oktober 2023 besuchte er die »Alternative Buchmesse« im (inzwischen geschlossenen) Zentrum Rheinhessen in Mainz, das von der AfD betrieben wurde.

Sein letzter öffentlich einsehbarer Artikel des Jahres 2023 findet sich im November in der Online-Zeitung Die Freie Welt, hinter der die AfD-Politikerin Beatrix von Storch steht. Darin rezensiert Backfisch die aktuelle Ausgabe der rechtskonservativen Zeitschrift Cato. In dieser gefällt ihm ein Artikel des Autors Jan Bentz, der über »woke Linke« und »Genderwahn« schreibt. Wieder einmal verliert sich Backfisch in eitlem Geschreibsel: »Er [Jan Bentz] zeigt auf, dass es sich dabei um leere Hüllen um nichtlesbare Kopien handelt, die durch Verdrehungen der Wirklichkeit einer Welt des Scheins eine Wahrheitssubstanz geben wollen. Treffend arbeitet er dabei heraus, dass jene Irrlehren nicht einmal Kopien sein können, weil es zum Thema (Geschlechter) gar kein Original gibt. ›Ohne Bezugspunkt fehlt der Kopie jegliche Repräsentation des Ursprungs‹. Letztendlich wissen das auch die marxistischen Feinde der zweitausend Jahre alten abendländischen Ordnung, was dazu führt, dass sie mit Verdrehungen die Wirklichkeit auf den Kopf stellen wollen, alle die dies zurückweisen werden mit Beschimpfungen und Ausgrenzungen belegt.«

Im August 2023 spekuliert in Opposition24 der Autor »Nero Redivivus« über die Chancen und Voraussetzungen für eine Machtübernahme der AfD. Dazu wirft er die Frage auf, welches Vorfeld die AfD dafür benötige. Schon drei Tage später reagiert Backfisch darauf mit dem Artikel »Was ist das Vorfeld einer Bewegung? Kann eine Oppositionsbewegung damit die Macht erobern? Braucht die AFD ein Vorfeld?«. Er wirft der »Neuen Rechten« vor, bei den Protestbewegungen der letzten Jahre ratlos abseits gestanden und für Akteur*innen dieser Bewegungen in der Regel nur Spott übrig gehabt zu haben. Insbesondere kritisiert er den herablassenden Umgang der »Neuen Rechten« mit den Corona-Protesten und deren Zurückhaltung bei den Protesten gegen den Ukraine-Krieg. Er kommt zu dem Schluss, dass die AfD ein Vorfeld wie die derzeitige »Neue Rechte« nicht benötige. Am Ende seines Artikels schließt er sich den Worten von »Nero Redivivus« an: »Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren: Deutschland braucht eine Revolution«.

Alleswisser und Welterklärer

Peter Backfisch repräsentiert einen Typ, der mittlerweile gut erforscht scheint: Ein zorniger und wichtigtuerischer Mann, der seine Wahrheiten und seinen Lebensstil für das Maß aller Dinge hält und es nicht ertragen kann und will, dass seine Autorität in Frage gestellt wird. Und der vermutlich tief gekränkt ist darüber, dass ihm sein Raum im Arbeitsleben genommen wurde und dass einer jungen Frau mit Zöpfen mehr Aufmerksamkeit zuteil wird als ihm, der doch glaubt, alles zu durchschauen und die ganze Welt erklären zu können.

Den Typ Backfisch gab es schon immer. Früher schrieben diese Männer ständig Leserbriefe an Tageszeitungen, die mit der Zeile begannen »Auch wenn Sie sich wahrscheinlich nicht trauen, diesen Brief abzudrucken…«. Anschließend trösteten sie sich mit der Überzeugung, dass sich die Zeitung eben nicht getraut habe, darüber hinweg, dass ihre Briefe fast nie abgedruckt wurden. Heute geben ihnen Online-Magazine und Blogs unbegrenzten Raum. Hier findet ein Peter Backfisch seine Bühne und ein Publikum, das seine Autorität anerkennt, seine Geschichten begierig aufsaugt und seine Legenden nicht hinterfragt.

Der »Insider aus der Entwicklungshilfe« ist nur eine fiktive Figur, doch sie verschafft Peter Backfisch in der rechten Szene Bedeutung. Mit angeblich authentischen Erzählungen aus der Arbeit der NGOs befeuert er die Mythen vom »Großen Austausch« und angeblichem »Migrantenimport«. Er leugnet den Klimawandel, verbreitet dazu falsche Informationen und trägt so seinen Teil dazu bei, dass Menschen ihre Lebensgrundlage verlieren werden. Jede derartige Aussage ist eine zu viel.